Weißer Phosphor Katalograum

General Stumm von Bordwehr, der im Gegensatz zu seinen Kameraden des Generalstabs in Kakanien weder entomologisch noch philatelistisch interessiert ist, den auch die Weltgeschichte nicht übermäßig interessiert und der anstatt dessen »angefangen [hatte], wissenschaftlich Taschenmesser zu sammeln« (MoE I.80), erhält den vertraulichen Auftrag, die Parallelaktion zu begleiten, Informationen zu sammeln und wohl auch die eine oder andere notwendige Perspektive einzubringen. Die himmelblaue Weltkugel, »bestehend aus Glück, aus Bedeutsamkeit, aus dem geheimnisvollen Gehirnphosphor innerer Erleuchtung« (MoE I.80) könne unmöglich ohne militärische Intervention auskommen; das Schlachtfeld, auf das dieser kleine General reiten soll, ist jedoch ganz anders bestellt als jene, die man für die Erzengel-Prüfung auswendig lernen durfte. Er stößt an der Spitze dieser vaterländischen k.u.k. Parallelwelt auf Diotima, »diese Antike mit einem wienerischen Plus« (MoE I.46), die alsbald auf seinem Herzen steht »wie Maria auf dem Kopf der Schlange stehend« (MoE I.80). Rund um sie eine Vielzahl an Zivilisten, schriftkundigen Mundwerksburschen und Denkfiguren, allesamt belesen. Um sich Diotima nähern zu können, die Gefahren und möglichen Wege besser einschätzen zu können, nimmt Stumm von Bordwehr den Weg über Ulrichs private Bibliothek (MoE I.85), um späterhin in die Staatsbibliothek einzudringen (MoE I.100), denn eine »der wichtigsten Bedingungen der Feldherrenkunst ist es, sich über die Stärke des Gegners Klarheit zu verschaffen« (ibid.). Als ihm bewusst wird, das er die Fülle an Informationen nicht würde bewältigen können und beinahe schon gänzlich überwältigt ist, wird er in das Katalogzimmer gebracht, ins »Allerheiligste der Bibliothek«, wo es nichts gibt »wie Kataloge und Bibliographien, so der ganze Succus des Wissens, und nirgends ein vernünftiges Buch zum Lesen, sondern nur Bücher über Bücher: es hat ordentlich nach Gehirnphosphor gerochen« (ibid.). Als Militär wird Stumm von Bordwehr wohl den weißen Phosphor angesprochen haben, der noch in der Dunkelheit glüht, dem Leibniz ein Gedicht widmete – und der sich für Brandbomben hervorragend eignet.