Walther Ruttmanns Film »Berlin – Die Sinfonie der Großstadt« (1927) und Walter Benjamins Denkbilder der »Einbahnstraße« (1928) stecken auf unterschiedliche Weise und mit verschiedenen medialen Mitteln Terrains ab, montieren Bilder, Versatzstücke und Sequenzen zusammen, die in ihren Schnittpunkten und -mustern nicht allein die Stadt Berlin, Zustände und Blickachsen aus der Metropole der Weimarer Republik darin auf die Seiten und Leinwände setzen, sondern auch, liest man an den Rändern entlang und sieht dort hin, soziale Verhältnisse verhandeln. Siegfried Kracauer (der Ruttmanns Film heftig als bloße Montage kritisierte) wird hierbei konkret & bringt zuerst 1929 in der Frankfurter Zeitung und 1930 in Form einer Monografie seine Schrift über »Die Angestellten. Aus dem neuesten Deutschland« heraus. 1931 kommt Fritz Langs »M« in die Kinos. Es ließen sich noch weitaus mehr Bezugspunkte anführen, die unterschiedlich nahe oder weiter entfernt, manche nur wie nebenbei, kleine Angestellte, Menschen für sich allein und in der Menge, kollektive Bewegungen und Ausläufer der Proletarisierung in die Büros und Straßen hinein wie den Zug zum autoritären Charakter hin, nicht einfach ›zeigen‹, sondern vor allem auch manche Bezugsrahmen (Weltwirtschaftskrise, Massenbewegung et cetera) deutlich machen. Doch nur auf einen Rahmen soll hier verwiesen werden, in dem man dies verhandeln könnte, eine Einfahrt, die beispielsweise die eines Bürogebäudes sein könnte, wie ein Durchhaus, etwa jenes in Langs Film (ab 1:04:30), die Peter Lorre als Zuflucht nimmt. Die Bettler umstellen das Gebäude, er kann nicht entkommen, späterhin wird alles durchsucht (bis ca. 1:20:30) … und an dieser Stelle soll gar nicht erst auf die ausgesprochen täppische Schalko-Serie von neulich (2018/2019: »M – Eine Stadt sucht einen Mörder«) weiter eingegangen werden. Viel interessanter scheint ein Hinweis auf ebendiese Einfahrt, wie er im Februar in der FAZ von Jürgen Müller gegeben wurde: der Abgleich von Langs »M« mit jenem kurzen stummen Film der Lumières aus 1895, der »La Sortie de l’Usine Lumière à Lyon« betitelt ist (eigentlich sind es drei – abgesehen von den Kleidungen je nach Wetterverhältnissen unterscheidbar durch die Zahl der vorkommenden Pferde: eines, zwei, keines). Aufgenommen vor der Ein- wie Ausfahrt der Lumière-Werke in Montplaisir.
Es sind v.a. weibliche Angestellte, es gibt die Radfahrer (bei Lang auch eine Radfahrerin, dafür keine Frau die ein Kind herausträgt, ebenso fehlt wie in der Lumière’ dritter Fassung das Pferdefuhrwerk; wir sind ja auch in einer Angestelltengroßstadt). Auf das Signal hin – eine Stechuhr im Wortsinn – erfolgt der Ausgang. Ebenso pünktlich wird die Rückkehr an den Arbeitsplatz erfolgen, die stete Neueingliederung in die Ordnung der Produktion. Die Lumières halten ebenso wie Lang fest, dass wir es hier mit Mengen zu tun haben, die unter Kuratel gestellt sind und deren Uniformität in der zeitlich akkordierten Bewegung, in eine Richtung, besteht. Es sind die neuen Arbeitswelten, die man im langen 19. Jahrhundert zu formen begann und die im kurzen 20. Jahrhundert perfektioniert wurden.