(Durch Zufall werde ich auf die soeben anlaufende Veräußerung der Sammlung/Bibliothek von Michael Diers durch das Rote Antiquariat zu Berlin aufmerksam. Im Katalog findet sich als Nr. 10 verzeichnet und mit EUR 120,– ausgepreist: »Kopierpresse. F. Soennecken. Nr. 19. Berlin, Bonn, Leipzig. [Um 1900.]« Selbstverständlich ist diese bereits reserviert, als ich anrufe. Der folgende Text ist die Beschreibung dieses Arbeitsgeräts; der Katalog wurde von Friedrich Haufe und Noah Ross Mayr bearbeitet, seine Entstehung von Michael Diers unterstützt:)
Zu Warburgs Arbeitspraxis gehörte es, unterschiedslos seine gesamte handschriftliche Korrespondenz mithilfe von Kopierpressen zu duplizieren und chronologisch in Kopierbüchern abzulegen. Diers stellt anhand dieser »Brief-Buchhaltungspraxis« die Kontinuität zum familiären Geschäftsbetrieb heraus, der sich dieser Techniken und Hilfsmittel bediente. (Hierzu u. zum Folgenden: Michael Diers, Warburg aus Briefen, Kommentare zu den Kopierbüchern, Weinheim 1991, S. 27f.) Diese Praxis entsprach nicht bloß einer bürokratischen und effizienten Gewohnheit, sondern vielmehr einer im Handelsgesetzbuch fest-geschriebenen Vorgabe für Kaufleute. Auf Kopierbücher war in Rechtsstreitigkeiten zurückzugreifen. In einem Brief schrieb Warburg im Hinblick auf sein Selbstverständnis: »Ich bin wissenschaftlicher Privatbankier, dessen Credit so gut ist wie der der Reichsbank.« (Zit. nach ebenda.) Die Einrichtung der Bibliothek mit dem Kapital der Familie machte, wie Diers pointiert schreibt, Briefe auch an Familienmitglieder zu Geschäftsbriefen und Durchschriften ,»nach Handelsbrauch« zu Unterlagen. – Zur Funktionsweise der Kopierpresse zitiert Diers aus einer 1909 erschienenen Ausgabe von »Mayers Konversationslexikon« u.a. folgende Zeilen: »Soenneckens Kopierpressen in Buchform besitzen zwei durch Scharniere untereinander verbundene Druckplatten, die mit Bügeln überspannt sind und durch Hebelschlösser gegeneinander gepresst werden können. Das zu kopierende Schriftstück legt man auf ein Blatt Wachspapier und bedecktes mit einem gleichgroßen Blatt ungeleimten Seidenpapiers, das entweder vorher befeuchtet oder mit feuchtem Schirting [leichtes Baumwollgewebe] bedeckt wird; schließlich legt man noch ein Blatt Wachspapier auf und setzt das Ganze dem Druck der Kopierpresse aus. Die Tinte wird durch die Feuchtigkeit etwas erweicht, und es dringt davon soviel durch das Seidenpapier, daß die Schriftzüge auf dessen oberer Seite lesbar werden. Gute Kopiertinte gestattet etwa drei Abzüge zu nehmen.« (Zit. nach Diers, S. 189ff.)
Bibliothek M. Diers. A. Warburg. Berlin: Rotes Antiquariat 2022, S. 12.