Franz Kafka träumt und scheibt auch 1913; er entwickelt eine Geschäftsidee, wie die Speichermedien und Abspielgeräte unterschiedlichster Beschaffenheit, Maschinen, über das Telephon sich verständigen können. Das Rauschen ist dann keine Überlagerung von Frequenzen, ein Zuviel an Kommunikation, es ist dann eben das Meer.
Nun, ich werde ja auch nicht schlafen, sondern nur träumen. Wie gestern z.B., wo ich im Traum zu einer Brücke oder einem Quaigeländer hinlief, zwei Telephonhörmuscheln, die dort zufällig auf der Brüstung lagen, ergriff und an die Ohren hielt und nun immerfort nichts anderes verlangte, als Nachrichten vom ›Pontus‹ zu hören, aber aus dem Telephon nichts und nichts zu hören bekam, als einen traurigen, mächtigen, wortlosen Gesang und das Rauschen des Meeres. Ich begriff wohl, daß es für Menschenstimmen nicht möglich war, sich durch diese Töne zu drängen, aber ich ließ nicht ab und ging nicht weg. […]
Franz Kafka an Felice Bauer, »vom 22. zum 23.I.[19]13
Haben einzelne Hotels den Parlographen doch gekauft? Es wäre auch vielleicht gar nicht schlecht spekuliert, einzelnen Hotels den Parlographen umsonst zur Verfügung zu stellen und dadurch die andern zur Anschaffung zu zwingen. Die Hotels sind ja im allgemeinen so konkurrenzwüthig.
Also meine neuen Ideen:
1. Es wird ein Schreibmaschinenbureau eingerichtet, in welchem alles, was in Lindström Parlographen diktiert ist, zum Selbstkostenpreis, oder anfangs zur Einführung vielleicht etwas unter dem Selbstkostenpreis, in Schreibmaschinenschrift übertragen wird. Das Ganze kann dadurch vielleicht noch billiger werden, daß man sich mit einer Schreibmaschinenfabrik zu diesem Zweck in Verbindung setzt, welche gewiß aus Reklame und Konkurrenzgründen günstige Bedingungen stellen wird.
2. Es wird ein Parlograph erfunden (kommandier, Liebste, die Werkmeister!), der das Diktat erst nach Einwurf einer Geldmünze aufnimmt. Solche Parlographen werden nun überall aufgestellt, wo gegenwärtig Automaten, Mutoscope und dgl. stehn. Auf jedem solchen Parlographen wird wie auf den Postkästen die Stunde verzeichnet sein, zu welcher das Diktierte, in Schreibmaschinenschrift übertragen, der Post übergeben werden wird. Ich sehe schon die kleinen Automobile der Lindström A.-G., mit welchen die benutzten Walzen dieser Parlographen eingesammelt und frische Walzen gebracht werden.
3. Man setzt sich mit dem Reichspostamt in Verbindung und stellt solche Parlographen auf allen größern Postämtern auf.
4. Außerdem werden solche Apparate überall dort aufgestellt, wo man zwar Zeit und Bedürfnis zum Schreiben, aber nicht die nötige Ruhe und Bequemlichkeit hat, also in Eisenbahnwaggons, auf Schiffen, im Zeppelin, in der Elektrischen (wenn man zum Professor fährt). Hast Du bei Deiner Hotelrundfrage besonders an die Sommefrischenhotels gedacht, wo die vor Geschäftsunruhe zappelnden Kaufleute die Parlographen umlagern würden?
5. Es wird eine Verbindung zwischen dem Telephon und dem Parlographen erfunden, was doch wirklich nicht so schwer sein kann. Gewiß meldest Du mir schon übermorgen, daß es gelungen ist. Das hätte natürlich ungeheure Bedeutung für Redaktionen, Korrespondenzbureaus u.s.w.. Schwerer, aber wohl auch möglich, wäre eine Verbindung zwischen Grammophon und Telephon. Schwerer deshalb, weil man ja das Grammophon überhaupt nicht versteht, und ein Parlograph nicht um deutliche Aussprache bitten kann. Eine Verbindung zwischen Grammoph. und Telephon hätte ja auch keine so große allgemeine Bedeutung, nur für Leute, die, wie ich, vor dem Telephon Angst haben, wäre es eine Erleichterung. Allerdings haben Leute wie ich auch vor dem Grammophon Angst, und es ist ihnen überhaupt nicht zu helfen. Übrigens ist die Vorstellung ganz hübsch, daß in Berlin ein Parlograph zum Telephon geht und in Prag ein Grammophon, und diese zwei eine kleine Unterhaltung miteinander führen. Aber Liebste, die Verbindung zwischen Parlograph und Telephon muß unbedingt erfunden werden.