Der postmoderne Roman tendiert dazu, den rückwärtsgerichteten Zugriff und darüber hinaus bei der nicht verbindlichen Einordnung des jeweiligen Kontextes die vielfach gepriesene »Mehrfachcodierung« zu ermöglichen, was aber nichts anderes als eine Chiffre für eine leserangepasste Trivialliteratur ist. Intendiert wird eine optimale Belehrung für den Leser, richtige Handlungsmuster sollen dargestellt und oktroyiert werden – wobei bei aller Berücksichtigung der historischen Umstände die Vorstellung von einer ahistorischen Menschennatur durchkommt, sonst wäre der Verkaufserfolg gefährdet. Auch die Vorgänger des Historischen Romans und der pragmatischen Geschichtsschreibung werden re-aktiviert: Polyhistorik und Hagiographie. Was als kleinster und oftmals größter gemeinsamer Nenner, mitunter geradezu als Multiplikator bleibt, ist, dass das »Festlegen« unterlaufen werden soll, dass das krampfhaft als solches apostrophierte »Spiel der freien (Interpretations-) Kräfte« frei vazieren möge, die individuellen Ansätze und Fähigkeiten des Erkennens auf allen Ebenen zu initiieren die intendierte Grundrichtung in einem – wobei: vorgeblichen – Rennen sei und gleichzeitig die Fixierung obsolet werde.
Eine Sorte postmoderner Romane: Oftmals schneller, vormals an Film/Fernsehen, späterhin Serien und nunmehr Neuen Medien geschulter Rhythmus und dann schnell wechselndes Tempo, das von Klimax zu Klimax eilend, die story abspult. Der Roman wird zum Drehbuch, er ist topaktuell, taugt sowohl fürs Gemüt als auch für den small-talk. Kurze scharfe Reize, an sich – übertrieben elitär formuliert – auch Literatur für den sekundären, systembedingt eben unumgänglichen Analphabetismus. Eine andere Sorte: Hochkomplexe Gebilde, deren subtiler und offensichtlich versteckter Gebrauch von Zitaten genau durchstrukturiert ist; Bildungsversprechen für die Halbbildung, sodass sich beim Enträtseln schöne Stunden machen mit semiakademischem Geplauder zubringen lassen – die story erfährt neue Ebenen und diverseste Längs- und Querschnitte. Gerade postmoderne Romane erfahren auch noch durch das Konzept der permanenten Vorläufigkeit, die sich nicht in Endgültigkeit wandelt, ihre Spannung, vergleichbar mit Lyotards Vorzukunft (»post-modo«). Durch die Interpolationen (z.B. von Zitaten) werden die Handlungsfäden (mehr oder weniger bewusst) in einer nicht erfahrbaren, aber eben potentiellen (!) Wirklichkeit/Vergangenheit (?) ausgelegt. Der Fressfeind dieser Dinglich- wie Niedlichkeiten sind, es gibt gute Nachrichten, die Neuen Medien. Diese postsozialen Medien – die nach der Vergesellschaftung deren Glieder vernetzen – werden den postmodernen Roman mit einem saturierten Lächeln angebissen und dann ausgesogen haben, werden ganz einfach schneller gewesen sein.
Anythings Ghostwriters.