Auch ist das »Buch« materiales Zentrum eines in sich chronotopischen Systems; und Bachtins Beobachtungen zum Chronotopos rühren selbstverständlich – wie sein Begriff von der Dialogizität* – wesentlich aus der Buchkultur an sich her. Und so sehr am Schluss alles gebunden und einer materialen Ordnung unterworfen worden sein muss, um Buch zu sein, ist darin doch die Vielfalt angelegt.
* Die ganze Method[e] läuft insofern gar nicht auf Witze hinaus, als sie, am besten, die Meinung sämtlicher Instanzen der Persönlichkeit wiedergeben kann, in 1 Buchstabenfolge zusammengefasst! Das Verfahren ist also organisch berechtigt & gut; und es wird keine 1000 Jahre dauern, dass 1=stimmi[!]ig geschriebene Bücher schal & einfältig wirken. […] ich sehe nicht ein, warum ein Bühnenautor als einziger den Vorzug haben soll, mehrere Personen durcheinander schwätzeln & denken zu lassn; oder ein Musiker dem man ohne weiteres seine Sextette hingehen lässt […].
Arno Schmidt: Notizen für »Vorläufiges zu Zettels Traum«. In: Ders.: Fragmente. Prosa, Dialoge, Essays, Autobiografisches. Bargfelder Ausgabe Supplemente Bd. 1. Bargfeld: Arno Schmidt Stiftung 2003, S. 316-323, hier S. 318