Indem er seine Vorkehrungen ändert und seine Pläne anpaßt, hält der kluge General den Feind unwissend. Indem er sein Lager verlegt und Umwege nimmt, verhindert er, daß der Feind seine Absicht erkennt. Im kritischen Augenblick handelt der Anführer einer Armee wie ein Mann, der hochgestiegen ist und dann die Leiter unter sich wegstößt. Er führt seine Männer tief ins Feindesland, bevor er seine Absicht zeigt. Er verbrennt seine Boote und zerbricht sein Kochgeschirr; wie ein Schäfer, der seine Schafherde treibt, treibt er seine Männer hierhin und dahin, und niemand weiß, wohin es geht.
Sunzi: Die Kunst des Krieges. Kap. XI: Die neun Situationen
Im Grunde die Strategie von Kapitän Ahab. Cf. Moby Dick, 1851
Dem aber, der studiert, um Einsicht zu erlangen, sind die Bücher und Studien bloß Sprossen der Leiter, auf der er zum Gipfel der Erkenntnis steigt: sobald eine Sprosse ihn um einen Schritt gehoben hat, läßt er sie liegen. Die vielen hingegen, welche studieren, um ihr Gedächtnis zu füllen, benutzen nicht die Sprossen der Leiter zum Steigen, sondern nehmen sie ab und laden sie sich auf, um sie mitzunehmen, sich freuend an der zunehmenden Schwere der Last. Sie bleiben ewig unten, da sie das tragen, was sie hätte tragen sollen.
Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. Bd. II, Kap. 7
Will ich emporklimmen in der Sprachkritik, die das wichtigste Geschäft der denkenden Menschheit ist, so muß ich die Sprache hinter mir und vor mir und in mir vernichten von Schritt zu Schritt, so muß ich jede Sprosse der Leiter zertrümmern, indem ich sie betrete. Wer folgen will, der zimmere die Sprossen wieder, um sie abermals zu zertrümmern.
Fritz Mauthner, Beiträge zu einer Kritik der Sprache, Bd. 1 (Einleitung); 1901
Mauthner bastelt eine Leiter, Wittgenstein steigt darauf in den Schützengraben (s. auch diese Einleitung [pdf] von M. Orosz und P. Plener zu Sprache, Skepsis und Ich um 1900 [2002], denn um das Ich ist’s doch allen zu tun) …
Meine Sätze erläutern dadurch, daß sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie – auf ihnen – über sie hinausgestiegen ist. (Er muß sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.) Er muß diese Sätze überwinden, dann sieht er die Welt richtig.
Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus, 6.5.4.
… und Eco überreicht dem Mönch eine namenlos schöne Rose
Die Ordnung, die unser Geist sich vorstellt, ist wie ein Netz oder eine Leiter, die er sich zusammenbastelt, um irgendwo hinaufzugelangen. Aber wenn er dann hinauf gelangt ist, muß er sie wegwerfen, denn es zeigt sich, daß sie zwar nützlich, aber unsinnig war. »Er muoz gelîchesame die leiter abewerfen, sô er an ir ufgestigen‹ … sagt man so?« — »Sagt man – und tuts nicht.«
Umberto Eco, Name der Rose