Milan Dubrović war eine jener Personen im Wiener Kulturfeld, die sich um eine Unterstützung Robert Musils und seiner Arbeit am Mann ohne Eigenschaften bemühten. Einmal gelang im Rahmen der sog. »Polak-Loge im Herrenhof« (der Stammtisch rund um Ernst Polak im Café Herrenhof in der Herrengasse, Wien I.) eine Sammlung, die zumindest eine Summe auf ein Jahr über dem Existenzminimum garantiert hätte, die aber seitens der Musils als Almosen und zu gering zurückgewiesen werden musste (es wären nur 280 statt der 400 Schillinge gewesen). Dessen ungeachtet: Das Gespräch dazu bedeutete einen Besuch Dubrović’ bei den Musils (Rasumofskygasse 20, Wien III.).
Martha Musil öffnete und geleitete mich durch mehrere Gemächer ins Arbeitszimmer.
Milan Dubrović: Veruntreute Geschichte. Die Wiener Salons und Literatencafés. Wien, Hamburg: Paul Zsolnay 1985, S. 92f.
Ein ungewöhnlicher Anblick. Keine übliche Studierstube, sondern die großzügig angelegte Wirkungsstätte eines nüchtern und behutsam disponierenden Geistes. Eine zweckhaft ordnende Hand hatte hier alles auf den gemäßen Platz gestellt. Lange Bücherreihen an der Wand, dickleibige Nachschlagewerke, übersichtlich und griffbereit aneinandergereiht, eine Augenweide für den Beschauer – so hätt ich’s auch gerne bei mir zu Hause, dachte ich mir –, ein Musterbeispiel obwaltender Akkuratesse.
Auf der riesigen Fläche des langgestrickten, kaum überblickbaren Schreibtisches herrschte penibelste Ordnung. Bücher mit heraushängenden Lesezeichen oder bereits aufgeschlagen, Mappen, Hefte, Manuskripte, Notizblock, Schere, Federhalter, haarfein gespitzte Bleistifte, alles pedantisch in Reih und Glied parat liegend. Man fühlte sich an den Manöverplan eines Generalstaboffiziers erinnert. Über dieses Instrumentarium gebot auch der planende Sinn eines Technikers das schöpferische Ingenium eines Konstrukteurs, dessen Tun Präzision und Exaktheit zur Voraussetzung hat.
[Cf. dazu: Das verwaltete Wissen – Bureau – …]