Nix ist nicht Nichts

»Das Kontinuum der Repräsentationen und des Seins, eine negativ als Fehlen des Nichts definierte Ontologie, eine allgemeine Repräsentierbarkeit des Seins und das durch die Präsenz der Repräsentation offenbarte Sein – alles das gehört zur Konfiguration der Gesamtheit der klassischen episteme.« (Foucault, Die Ordnung der Dinge, 258) Eine das Fehlen des Nichts vorgebende – auch dadurch: – amtliche Ontologie (bezeichnenderweise führt der Monsieur seinen Begriff im Unterkapitel »Allgemeines Tableau« spazieren, was die Verbindung zu tabulatabulinum, Tafel usw. nahelegt) findet sich beispielsweise mit der Kanzleiordnung (administratives Manual, Betriebssystem, Operating System …) von 1855, wenn es in dieser Amtsinstruction für die rein politischen und für die gemischten Bezirks- und Stuhlrichterämter das Fehlen des Nichts anordnend heißt: »An den Tagen, an welchen Nichts eingereicht wurde, ist dieses ausdrücklich zu bemerken« (§ 70). Der wiederum auf genau diese »Amtsinstruction« eingeschulte Doktor der Rechte und Unfall-Versicherungs-Beamte Franz Kafka wird, sozusagen um seine Ordnung der Dinge durchzusetzen, diese amtlichen Vorgaben bis in die diaristische Ontologie seiner Notizhefte hinein zu beherzigen versuchen, beispielsweise im September 2017: »22 Nichts.« Man merkt und merke sich nicht Nichts: »Das Nicht ist nicht da, aber indem es derart das Nicht eines Da ist, ist es nicht einfach Nicht, sondern zugleich das Nicht-Da. Als solches hält es das Nicht bei sich nicht aus, ist vielmehr aufs Da eines Etwas treibend bezogen. Das Nicht ist Mangel an Etwas und ebenso Flucht aus diesem Mangel; so ist es Treiben nach dem, was ihm fehlt.« Die Leere vermittelt sich, scheint’s, als horror vacui, als »Abscheu des Nicht vor dem Nichts«. (Bloch, Das Prinzip Hoffnung, 356f.)