Ödland

Auf die Art […] legte [sie] wie ein tollpatschiger Hirnchirurg Synapsen und Schlingen frei, die nie ans Tageslicht hätten kommen dürfen, und enthüllte […] so die Anatomie einer Krankheit, die ernster war, als [erwartet]: das Ödland des Herzens, wo Schatten und einander kreuzende Fäden ungenauer Selbstanalyse und Freud’sche Fallgruben sowie Passagen mit tückischem Licht und täuschender Perspektive einen in jene gesteigerte hysterische Reizbarkeit hinauftreiben, wie es bestimmte Alpträume tun, die man haben kann, wenn die Augen offen sind und alles an der Szene vertraut ist und doch, flackernd hinter der Schranktür, verborgen unter dem Stuhl in der Ecke, dieses Je ne sais quoi de sinistre lauert, das einen schreiend in den Wachzustand zurücktreibt.

Thomas Pynchon: Sterblichkeit und Erbarmen in Wien [EA 1959; übers. v. Jürg Laederach u. mit einem Nachwort v. Clemens Setz, Wien: Jung und Jung 2022], S.28f.