Ganz bestimmt wird die Geschichte des Rechts aber prinzipiell durch Technik begleitet und das ist ebenso prinzipiell eine Art Kollateralgeschichte, also eine Geschichte aus Begleitung und Störung. Ganz bestimmt war auch das weitere Recht limitiert und verstellt, gesperrt und abgeschirmt. Vielleicht war Gott einst eine Formel für Übertragungstechniken, und vielleicht bewahren sich seine Referenzen in den Übertragungstechniken. Dann war er aber auch eine Fabrik.[*] Die Kulturtechnikforschung kann das Wissen darum aufnehmen, sie kann mit ihrer Spannungslage zwischen Technik und Dogmatik aber keine Theotechnokratie einfordern. Sie sollte eine historische Analyse des beschränkten Rechtswissens liefern und sich darum sorgen, dass die Rechtswissenschaft in ihrem Erfolg keiner narzisstischen Perversion unterliegt. […] Statt der Expertise der Rechtswissenschaft also dadurch nachzueilen, dass man weitere medienwissenschaftliche Gründe an das Recht heranträgt, arbeitet die Kulturtechnikforschung darum an einer Logik der ›Untergründlichkeit‹, die sich gegenüber dem Geltungssymbol des Rechtssystems und seinen Handelswegen schlichtweg unbekümmert zeigen kann. Weder die Aporien noch die Passagen des Gesetzes sollen in dieser Forschung ausgeblendet werden. Man muss ohnehin lehren, aus Aporien aus Passagen zu machen. Das Wissen vom Recht sollte nicht zugangsfixiert sein, sondern sich auch um Ausgänge sorgen. Es soll nicht nur Assessoren, also nicht nur Zugänge und Zugangshüter produzieren, sondern auch Passagiere, Passanten und andere professionelle Außenseiter. Man soll mit dem Scheiden anfangen.
Fabian Steinhauer: Vom Scheiden. Geschichte und Theorie einer juristischen Kulturtechnik. Berlin: Duncker & Humblot 2015, S. 167 u. 175f.
[*] Der Begriff von der »Fabrik« ist wohl u.a. als Anspielung auf ein Buch Bruno Latours zu lesen, La fabrique du droit (Paris: La Decouverte 2002), auf Dt. erschienen: Bruno Latour: Die Rechtsfabrik. Eine Ethnographie des Conseil d’État. Aus d. Franz. übers. v. Claudia Brede-Konersmann. Konstanz: Konstanz University Press 2016. (Cf. dazu auch den Sammelband: Marcus Twellmann (Hg.): Wissen, wie Recht ist. Bruno Latours empirische Philosophie einer Existenzweise. Konstanz: Konstanz University Press 2016.)