Als man Fußnoten las

Als man noch Fußnoten las, vor mehr als hundert Jahren, entdeckte jemand, dass René Descharmes 1909 in seiner Dissertation Flaubert. Sa vie, son caractère et ses idées avant 1857 auf Seite 103 eine solche Anmerkung mit anheischigem Mehrwert gesetzt hatte:

Une personne qui a connu très intimement Mlle Amélie Bosquet, la correspondante de Flaubert, me racontait dernièrement que Mlle Bosquet ayant demandé au romancier d’où il avait tiré le personnage de Mme Bovary, il aurait répondu très nettement, et plusieurs fois répété : »Mme Bovary, c’est moi ! — D’après moi«.

Kurzum: Flaubert soll Frau Bosquet gegenüber sich dahingehend geäußert haben, dass er Madame Bovary sei. Diese habe den Satz einem Bekannten gesteckt, der dann als Korrespondent gegenüber dem Dissertanten Descharmes auftrat. Oder: Der Satz und seine Urheberschaft durch Flaubert ist nirgendwo gesichert. Er macht natürlich auch überhaupt keinen Sinn, wollte man Gustave Flaubert und seine Romanfigur Emma Bovary einer wie auch immer gedachten Form der Gleichsetzung zeihen. Was jedoch haltbar erscheint: dass Flaubert »Madame Bovary« als eine neue Form des Romans begriff und die damit verbundene Leistung (viereinhalb Jahre unmittelbare Arbeit) mit dem notwendigen Selbstbewusstsein sich zuschrieb. »Mme Bovary, c’est moi« ist dann Klarstellung und Anspruch zugleich.