Es sind von zweibeinigen Rechnern, mit denen alles begann als die Enden der Parabeln blitzartig berechnet werden sollten, nicht mehr zu zählende digitale Gespenster in der Gegenwart zugange – und sie sind schon länger vor Ort; wo immer der ist, welche Akteure auch je zugange sein mögen, ordnen Algorithmen sie zu (und werden zugleich als diese ausgegeben, womit die Kenntlichkeit mehrfach verunmöglicht ist). Zwar scheint es, als wären Diskurse, Handlungen und Irrtümer lediglich einem seriell geschalteten Déjà-vu-Gedanken verpflichtet; aber etwas ist doch grundlegend anders – so, als wäre der Geist aus der (Leidener) Flasche in den Weltverkehr und somit in die Maschine entkommen, die jedoch kein »Apparatus« mehr ist, sondern ein verwirrendes Referenzsystem, das »Internet« heißen soll. Dies entbehrt nicht einer gewissen Komik, denn die derart bezeichneten Bündel an Technologien und Anwendungsmöglichkeiten sind eher strukturierte Möglichkeiten der Verstärkung von Bewegungen, kaum jedoch ›Auslöser‹. Immer neu ordnen sich die Settings, Dispositive und Wahrnehmungsräume. Bereits der Tonfilm evozierte als erster Paradefall eines tatsächlichen Medienverbundsystems eine gravierende Änderung medialer Spielregeln. Mit seinem Aufkommen werden bis dahin getrennte Wahrnehmungskanäle effektiv verschaltet und dabei kann der Film die Illusion von Gleichzeitigkeit auch noch derart gut vortragen, dass allfällige Wahrnehmungsfalten (in denen Erkennntnisgewinn eingelagert wäre) verborgen bleiben. Darauf setzen die nicht viel später sich zur Kenntlichkeit und als tatsächlicher Gegenstand von zu ordnenden Interessen entwickelt habenden digitalen Verhältnisse auf, deren praktische Umsetzung aus den Erfahrungen und Anforderungen des Ersten Weltkriegs herrührt. Bedurfte es damals noch automatisierbarer Rechenleistungen für ballistische Zwecke (Flugzeuge und Mörsergranaten fliegen schneller als zweibeinige Rechner das Abwehrfeuer errechnen und Gegenmaßnahmen einleiten könnten), nimmt die weitere Entwicklung über den Zweiten Weltkrieg (im Dienste von V2, Atombomben und Kryptografie) und die universelle Turing-Maschine wie auch das von-Neumann-Modell einen Lauf, der nun einmal in der Welt ist und bleiben wird. Zunehmend mehr wird davon erfasst – und es lässt sich umgekehrt ebenso feststellen, dass die Digitalität ihrerseits von immer mehr erfasst und miteinbezogen wird. Ihr Beginn und Aufstieg verlief nicht nur parallel zu jenem der Medien- und Werbeindustrie sowie der Entwicklung von »Design«; vielmehr erfolgte insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg eine zunehmende, schließlich bis zur Ununterscheidbarkeit betriebene Verbindung von Zeichen und Umsetzung (die auch militärisch-industriellen Komplexen zupass kommen). Alles wird sich in diesen nunmehrig hybriden Zuständen selbst zur »Schnittstelle«, auf die stets auch andere Zugriff haben, bis hinein in die bewusstseinsfreie Sprache eines Fußballkommentators im Fernsehen, der doch nur berichten will, was ohnehin alle gesehen haben: dass jemand in einen für die Abwehr überraschend gefährlichen, für ihn somit gut gewählten Passweg läuft. Dass die zur Anwendung gebrachte Sentenz der »Schnittstelle« von einem Interface spricht und der Zurichtung von Teilsystemen herrührt, verblasst. Peter Burke hat in »Papier und Marktgeschrei« sowie »Die Explosion des Wissens« die Entwicklung, Verbreitung und Ausdifferenzierung des Wissens wie seiner Medien in der Neuzeit untersucht. Die Digitalisierung schließt an diese Fortschritte an und begleitet Gesellschaftsphänomene in eigener Weise und mit neuen Formatierungsoptionen, die mehr oder weniger bewusst angenommen werden. Der analogen Wissensakkumulierung folgt in Verbindung mit dem Aufkommen der Medienverbünde im 20. Jahrhundert eine Form der Wissens- und Kulturaggregation; diese Phänomene bedingen sich wechselseitig. Eine »Kultur der Digitalität« (Felix Stalder) dürfte zwar weniger einen Bildungsauftrag im Gepäck führen, dafür aber in untrennbarer Verbindung mit den Technologien Praktiken ermöglichen, Handlungsräume eröffnen und im Anschluss an die »Explosion des Wissens« einer des ›Handelns‹ zuzuordnen sein. Das Wissen ist schließlich in der Welt, es ginge somit um eine taugliche Verbreitung desselben. Dass dies auf breiter Basis reflektiert genützt wird, etwa in demokratiepolitisch sinnvollen Zusammenhängen breiter Partizipation, erscheint jedoch fraglich.