19. November 1958, Berlin hat das Fußballprogrammheft schön und Österreicher sind in der Stadt, die Tageshöchstwerte wurden zu Mittag bei 4,7 Grad gemessen. Die Stadt ist geteilt, zwei Jahre später wird es den Schießbefehl bei »ungesetzlichem Grenzübertritt« und drei Jahre später die »Mauer« geben. Willy Brandt ist regierender Bürgermeister, Österreicher und Deutsche tragen seit 50 und einem halben Jahr ballestrische Länderkämpfe gegeneinander aus, haben zwischendurch zwei Weltbrände verursacht und sind so ziemlich in jeden politischen Irrsinn hineingelaufen, der sich in einem halben Jahrhundert anbot. Gut vier Jahre zuvor, am 3. Juni 1954, hatte die deutsche Auswahl die hochfavorisierte österreichische mit 6:1 aus Basel geschossen und war dann – Benzedrin und Pervitin waren die »Chemtrails« des 54er Jahres – in Bern gegen die nächste Übermannschaft, Ungarn, Weltmeister geworden. Auch an diesem Berliner Novemberabend des Jahres 1958 wird Rahn seine zwei Tore – in der 16. und in der 89. Minute – erzielen, während zwischenzeitlich Horak (42.) und Knoll (61.) für eine österreichische Führung sorgen würden. Märklin war Bestandteil des Wirtschaftswunders (BKB-Kredite von Kaminsky & Co.! Urlaubsreisen ins Fichtelgebirge!) ebenso wie Radio Schwenke, man fuhr Borgward und trank »Schultheiss«, den Moselspritzwein »Herva« und in allen Bezirken lief »Stefanie« ebenso Disneys »Perris Abenteuer« schon die 4. Woche (bald würden »Peter Voss der Millionendieb« und die Verfilmung von Werfels »Der veruntreute Himmel« anlaufen).
(Teil 2)