Paragraph 12

Über das Bundesministeriengesetz wird (im »Kanzleiordnung« überschriebenen Abschnitt) a priori gesetzlich legitimiert, dass eine noch zu verfassende und sodann zu verordnende Kanzlei- respektive Büroordnung rechtens gewesen sein wird. Damit bedient man sich seitens des Gesetzgebers einer verwaltungstechnischen Tempus-Volte, des Futurs II (das Plusquamperfekt ist die Zeitform der Administration).

NB: Was in so einem BMG auch fortgeschrieben wird: die Trennung von Geschäfts- und Kanzleiordnung. Was im 18. und 19. Jahrhundert noch in eins gefasst war, wird ab dem 20. getrennt behandelt. Über diese spezifischen Ausweise einer Verhaltenslehre – weshalb es zumindest für die Zentralstellen dazu kommt – wird noch nachzudenken bleiben.

§ 12. Die formale Behandlung der von den Bundesministerien zu besorgenden Geschäfte ist von der Bundesregierung in einer für alle Bundesministerien einheitlichen Kanzleiordnung festzulegen.

Bundesministeriengesetz 1973 (BGBl. Nr. 389/1973)

In Artikel VI (»Übergangs- und Schlußbestimmungen«) des »Bundesgesetzes vom 11. Juli 1973 über die Zahl, den Wirkungsbereich und die Einrichtung der Bundesministerien (Bundesministeriengesetz 1973)« [»Ausgegeben am 7. August 1973«; erg. Anm.] heißt es – und das ist für den ›Kanzleiordnungsparagraph‹ 12 von erheblicher Bedeutung – weiter:

§ 16. Die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Geschäftseinteilungen (§ 7) sowie die Kanzleiordnung (§ 12) sind so zeitgerecht zu erlassen, daß sie spätestens am 1. Jänner 1975 in Kraft treten können.
§ 17. (1) Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes geltenden Geschäftseinteilungen der Bundesministerien sowie die derzeit geltende Kanzleiordnung treten mit Inkrafttreten der in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Geschäftseinteilungen und der Kanzleiordnung der Bundesministerien außer Kraft.
(2) Mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes treten alle die Zahl, den allgemeinen Wirkungsbereich und die Einrichtung der Bundesministerien regelnden bundesgesetzlichen und als Bundesgesetze geltenden Rechtsvorschriften sowie die in Durchführung dazu erlassenen Bestimmungen außer Kraft; insbesondere verlieren die nachstehenden Rechtsvorschriften, soweit sie noch in Kraft stehen, ihre Wirksamkeit: [es folgen 52 Rechtsvorschriften aus dem 19. und 20. Jahrhundert; Anm.]

Ibid.

Das fragliche Bundesgesetz wird in Kraft getreten sein: »§ 18. (1) Dieses Bundesgesetz tritt am 1. Jänner 1974 in Kraft.« Damit ist genau ein Jahr Zeit, die neue Kanzleiordnung zu verfassen und zu erlassen. 50 Jahre hielt jene von Mannlicher verfasste, die 1923 den Ministerrat passierte. Was bei den Lochkartensystemen nicht notwendig schien, die Zwischenkriegszeit stand-, den Austrofaschismus und Nationalsozialismus über hielt, unbeschadet in die Zweite Republik mitgenommen wurde – der Beginn der automationsunterstützten Verarbeitung in der Verwaltung, der Einzug von Großrechnern (und späterhin »Computern«), macht eine neue Kanzleiordnung notwendig. 1986 ist das schon Routine:


§ 12. Die formale Behandlung der von den Bundesministerien zu besorgenden Geschäfte ist von der Bundesregierung in einer für alle Bundesministerien einheitlichen Kanzleiordnung festzulegen.

Bundesministeriengesetz 1986 (BGBl. Nr. 76/1986), in Kraft 21.02.1986–31.07.2001

§ 12. Die formale Behandlung der von den Bundesministerien zu besorgenden Geschäfte ist von der Bundesregierung in einer für alle Bundesministerien einheitlichen Kanzleiordnung festzulegen. Desgleichen sind die notwendigen Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten anzuordnen.

Bundesministeriengesetz 1986 (BGBl. Nr. 76/1986 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2001), in Kraft 01.08.2001–28.02.2007

§ 12. Die formale Behandlung der von den Bundesministerien zu besorgenden Geschäfte ist von der Bundesregierung in einer für alle Bundesministerien einheitlichen Kanzleiordnung (Büroordnung) festzulegen. Desgleichen sind die notwendigen Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten anzuordnen.

Bundesministeriengesetz 1986 (BGBl. Nr. 76/1986 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 6/2007), in Kraft 01.03.2007–

Franz Kafka, Oxforder Quartheft 1 (Eintrag zum 13.10.1911), 43v/44r: »Er erzählt übrigens sehr gut, in seinem Erzählen mischt sich das genaue Ausgebreiteten der Schriftsätze mit der lebhaften Rede, wie man sie öfters bei so fetten, schwarzen, vorläufig gesunden, mittelgrossen, von fortwährendem Zigarettenrauchen erregten Juden findet. Gerichtliche Ausdrücke geben der Rede Halt. Paragraphen werden genannt, deren hohe Zahl sie in die Ferne zu verweisen scheint.