Tintenburgen und stahlharte Gehäuse

Räume und Bauten der Verwaltung

Konferenz: 23./24. Mai 2024 — Rennweg 97–99 (›T-Center‹) — 1030 Wien


P.W.E. Sprenger (Leiter des Hofbauamtes): Finanzlandesdirektion, Vordere Zollamtsstraße 3 (1841–47)

Donnerstag 23.05.

14.00 c.t.–14.45 Uhr: 

  • Ursula Rosenbichler (Wien): Begrüßung
  • Julia Rüdiger (Linz): Tintenburgen und stahlharte Gehäuse in der Architekturgeschichte. Einleitung
  • Peter Plener (Wien): Willkommen im Grand Hotel Amtshaus!

14.45–15.30 Uhr: 
Benno Wagner (Siegen): Mohammedanische Friedhöfe und Mietskasernen. Architektur, urbaner Raum und globale Vernetzung in der Gründerzeit des Versicherungswesens

15.30–16.15 Uhr: 
Vendula Hnídková (Prag) & Richard Kurdiovsky (Wien): Das Schloss und Franz K.s Suche nach Erkenntnis. Zum klandestinen Wissen über das Verhältnis von Architektur und Verwaltung

16.45–17.30 Uhr: 
Ingrid Holzschuh (Wien): Der Verwaltungsbau der NSDAP. Repräsentation und Ausdruck politischen Machtanspruchs

17.30–18.15 Uhr: 
Veronika Müller (Linz): Marshallplan und Nachkriegsmoderne in Linz

Freitag 24.05. 

09.00–09.45 Uhr: 
Hauke Horn (Kaiserslautern): Bürolandschaften – Ein demokratisch begründetes Raumkonzept in Verwaltungsbauten der 1960er und 1970er Jahre  

09.45–10.30 Uhr: 
Szilvia Gellai (Wien): Politische Architekturen der Transparenz

11.00–11.45 Uhr: 
Christian Wimplinger (Wien): Plan:Stadt:Büro – Meliorationen der Verwaltungslandschaft um 1960

11.45–12.30 Uhr: 
Maren Lehmann (Friedrichshafen): Systemebenen. Versuch über »Das Haus« (Thomas Heise, 1984)

13.45–14.30 Uhr: 
Markus Schmoll (Wien): Herausforderungen an den Verwaltungsbau im 21.Jahrhundert. Praxisbeispiel aus dem Bundesministerium für Inneres

14.30–15.15 Uhr: 
Julia Rüdiger (Linz): Wie bauen für die Europäische Bürokratie? Kontraste zwischen Rationalität und Resonanz

15.45–17.15 Uhr: 
Diskussion betr. Amts- und Büro- sowie ›virtuellen‹ Räumen einer Administration des 21. Jahrhunderts: 

  • Maren Lehmann (Friedrichshafen)
  • Irmengard Mayer (Wien)
  • Anna Minta (Linz)
  • Ursula Rosenbichler (Wien)

17.15 Uhr ff.: 
[offene] Fragen

Vorträge und Diskussion finden in einem Veranstaltungsraum der Verwaltungsakademie des Bundes (T-Center, 7. OG), im sog. Raum ›Wien‹, statt.

Das T-Center gilt – als wäre dies Teil des Veranstaltungskonzepts, die Komplikation für die Komplexität – als ›Kritische Infrastruktur‹, für die Teilnahme benötigt man eine vorab personalisierte Lochkarte 2.0; Anmeldungen bitte mittels E-Mail an:  


Aus dem Call for Papers respektive einschlägigen Antragsschriften:

Verwaltungsarchitekturen wirken nicht nur als Anzeiger gesellschaftlicher und administrativer Strukturen, sondern agieren darin selbst als prozessprägende Kräfte. Die international zu besetzende Tagung Tintenburgen und stahlharte Gehäuse. Räume und Bauten der Verwaltung beleuchtet Architekturen und Raumgestaltungen sowohl als Spiegel als auch gestaltende Kraft in Geschichte und Gegenwart (auch: politischer) Verwaltung. 

Verwaltungsbauten unterschiedlicher Epochen und politischer Machtkonstellationen bilden die Kristallisationspunkte interdisziplinärer Analysen aus Kunst- und Architekturgeschichte, Verwaltungswissenschaften, Soziologie, Politikwissenschaften, Literatur- und Kulturwissenschaften sowie weiteren produktiven Perspektiven. Diese bieten die Grundlage für eine Fokussierung auf räumliche Verwaltungsstrukturen des 19., 20. und frühen 21. Jahrhunderts und wie diese moderne Staatsideen und Administrationstheorien reflektieren. Wenn die wirkliche Herrschaft, nicht in parlamentarischen Reden oder monarchischen Enunziationen, sondern in den Händen des Beamtentums und der Administration liegt, wie Max Weber dies für moderne Staaten konstatierte, erfordert diese Machtverschiebung auch eine Reaktion in räumlichen Konstellationen. Die Rationalität, die Weber einer modernen Bürokratie zuschreibt, kommt nicht nur in modernen Verwaltungsarchitekturen zum Ausdruck, sondern reziprok stützen moderne, an Rationalität ausgerichtete Verwaltungsarchitekturen die strukturelle Rationalisierung des Staatswesens. Dabei stehen die Architekturen vor denselben Herausforderungen wie, nach Niklas Luhmann, die Verwaltung selbst, nämlich innerhalb ihrer Grenzen (dieser Triangulation aus eigenem Personal, Öffentlichkeit/Publikum und Politik) denselben gleichermaßen gerecht bzw. ungerecht zu werden.

Mit welchen Mitteln und Ansprüchen Architekt:innen, Planer:innen und Auftraggeber:innen auf diese Herausforderungen reagieren sowie mit welchen Strategien und Wahrnehmungen die Adressat:innen und (fiktiven literarischen) Nutzer:innen dieser Räume dem begegnen ist Thema dieser Konferenz, die im Kontext der Gründung der Austrian School of Government gemeinsam mit dem Institut für Geschichte und Theorie der Architektur der KU Linz organisiert wird.

Die Tagungsorganisator:innen laden ein zu Beiträgen aus Kunst-, Kultur-, Medien- und Verwaltungswissenschaften sowie der entsprechenden Praxis, die in Fallstudien und theoretischen Analysen Architekturen und (Innen-)Räume der politischen/staatlichen Verwaltung thematisieren und vergleichend (auch und gerade mit privatwirtschaftlichen Verwaltungsstrukturen) analysieren; ein Fokus kann bei Räumen der Verwaltungsapparate (im Gegensatz zu jenen der politischen Repräsentation wie Parlamente und Rathäuser) zu liegen kommen. Derartige Verwaltungsarchitekturen scheinen besonders geeignet, als Entwürfe und Abbildungen gesellschaftlicher/staatstheoretischer Prozesse und Systeme – bspw. prägten Fordismus und Taylorismus nicht nur Verwaltungsstrukturen, sondern auch Abläufe innerhalb der staatlichen Bürokratie wesentlich mit – in unterschiedlichen Epochen, politischen und geographischen Kontexten thematisiert zu werden. Sie eröffnen Fragestellungen der inneren Logiken und Funktionalitäten, die von Kanzleiordnungen, Arbeitsrecht, Büronutzung oder Homeoffice und vielen weiteren Faktoren beeinflusst werden. 

Einige mögliche Fragestellungen:

  • Wie entwickeln sich Verwaltungsgebäude/-Innenräume über die Jahrhunderte hinweg, welches Bild von Verwaltung ist daraus ablesbar, welchen Auftrag an die Verwaltung kann man hieraus ableiten, welches Gesellschaftsbild bzw. welche Vorstellung von der Organisation von Gesellschaft kann man hier ersehen?
  • Wofür stehen und agieren Verwaltungsarchitekturen? Repräsentieren sie den Staat, Macht und Herrschaft, ein politisches System oder eine effiziente Verwaltung? 
  • Welche Vorstellungen von Verwaltung und Gesellschaft bildet die Architektur ab? Welche Vorstellung von Verwaltung und Gesellschaft soll der gebaute Raum gestalten helfen bzw. unterstützen? Welche Utopien einer (möglichen oder idealen) Zukunft der Verwaltung motivieren die Auftrags- und Architekt:innen-Seite?
  • Welche Wirkmacht hat Architektur als »schweres Medium« über die Jahrhunderte hinweg in ihrer Nutzung als Verwaltungsarchitektur? Welche Rolle spielen hierbei gesellschaftliche, politische, administrative Umwälzungen und Nutzungskonzepte (Nachnutzung)? 
  • Wer sind die Agent:innen in diesen Prozessen der Gebäudeentstehung? Auftraggeber:innen, Architekt:innen, Baumeister:innen, Nutzer:innen – wen adressiert Verwaltungsarchitektur? 

Insgesamt soll die Konferenz einen Beitrag zum Verständnis der komplexen Aushandlungsprozesse, Zuschreibungen und Ansprüche leisten, die Verwaltungsbauten von der Konzeption über die Umsetzung/en und die je tatsächliche Nutzung (bis zur allfälligen Umnutzung) hin begleiten. Hierbei dürfen und sollen gerade auch die Konflikte und Widersprüche innerhalb dieser Verläufe herausgearbeitet werden. Konzept und Organisation dieser Tagung: Ass.Prof. Dr. Julia Rüdiger, KU Linz, und Dr. Peter Plener, BMKÖS (Austrian School of Government)