Um fortzusetzen:
Dass es um einen Paratext (genauer: Peritext) geht, ist zunächst wesentlich der Positionierung geschuldet. Die enge Verwobenheit v.a. mit dem Titel – wesentlich begünstigt durch die Weglassung eines Untertitels (für den es ja zahlreiche Entwürfe gab) – und dann vor allem auch die Positionierung – rechts unten und mit dem Shakespeare-Hinweis in Majuskeln – ist allerdings sehr spezifisch, sie ist bewusst gesetzt und unterläuft inhaltlich auch die simple Zuordnung als ›Motto‹.
Dass der Titel des Shakespeare-Stücks weggelassen wird, dass dort Shakespeare steht, dass erst aus dem Wissen und die Lektüre der Stelle des Sommernachtstraums sich der Titel zu erschließen scheint, dass also eine unabdingbare Korrespondenz von Titel und ›Motto‹ etabliert wird, ist auch eine der Funktionen dieses Positionsgeflechts; und dass dadurch ein unmissverständliches Signalement des wechselseitigen Bildungsanspruchs (Autor! Leser!) noch vor dem „: »– : king!« –“ gesetzt sein soll, ist so plumpe wie eindeutige Provokation. (Bloß: ob diese so funktioniert, ist fraglich.) Wesentlich ist aber auch: das ist noch braves romantisches Übersetzungstheater & es wird erst danach ein wenig herausfordernd – der Effekt ist ganz banal: den Shakespeare kann man leicht lesen, für den Schmidt muss man sich schon ein wenig mehr anstrengen.
Mit dem Motto würde genau genommen ein Verweis auf einen polyphonen Verfasser erfolgen, zumindest wären zwei Positionen bezogen: Zettel, der seinen Traum Peter Squenz erzählt, der daraus eine Ballade verfertigen soll, die Zettel dann mit einem theatralischen Hysteron proteron vorzutragen gedenkt. Nur: genau dies wird beiseitegelassen, allein die Ansage Zettels von den Unmöglichkeiten wird vorgetippt. Denn was Schmidt eben genau nicht will, zumindest ist das der Effekt der Zurichtung des Monologs, ist, dass es womöglich zwei DPs/»Dichterpriester« sind, die hier unterschiedliche Zuständigkeiten haben. Es kann nur einen geben.Der erste Zettel ist ein Paratext im Sinne Genettes, wohl ein Peritext zudem – und jedenfalls die Frage extrapolierend: wer spricht, schreibt?
Wenn Finnegans Wake (nach Arno Schmidt) miteinander kommunizierende Organe eines Schwertrunkenen zur Sprache bringt, setzt demgegenüber der erste Zettel das Erwachen an. [☞ 1] Es wird nicht mehr geschlafen, sondern das Traumgeschehen soll unter Kontrolle gebracht, mithin auch: geordnet werden. ›Bottoms Awake.‹
Der Titel (Wieland-Shakespeare [☞ 2]) in engster Anbindung an das motivisch gesetzte Sommernachtstraum-Exzerpt (Schlegel-Shakespeare) und vice versa, der gesamte ungeheure Traum Zettels, sind nichts weniger als ein einziger Stresstest für Gérard Genettes Erzähltheorie, [☞ 3] sintemal seine »Paratexte« [☞ 4] avant la lettre. Das Motto erscheint als Exzerpt und dieses positioniert den Folgetext in der Grauzone zwischen Phantasma und Realität, trianguliert Maske [☞ 5]/ Figurenrede/ Fremdsprache. Das Shakespeare-Zitat von einem, der aus einem Traum erwacht, der so disparat ausfiel, dass ihn wiederzugeben und gar zu verstehen schier unmöglich sei, handelt auch stellvertretend von Arno Schmidt und seinen vier Jahren Arbeit in Zettels Tunnel. Es wird mehrfach ein Danach signalisiert/markiert: ein Danach im Sinne des Autors Arno Schmidt, der nun sein Buch vorlegt, das eben ZT getitelt ist; ein Danach im Sinne des Webers, der aus dem Traum mit Titania und Eselskopf – der aber ›real‹ war!, wodurch eine weitere Sinnestäuschung gleich mit eingewoben gewesen sein wird – erwacht ist und nun alles zusammengeschrieben haben will; ein Danach hinsichtlich der unmöglichen Liebesbeziehung, die nicht mehr gewesen sein wird und als Traum verstanden eine weitere Abschottung gleich mitbekommen haben wird; ein Danach als Position im Gesamtbuch, indem es nach dem Titel und mit diesem in engste Verbindung tretend die Feststellung von einem Traum siegelt, was nur a posteriori oder extern geschehen kann.
Mit diesem von Schlegel übersetzten und durch Schmidt vorab gesetzten, beschnittenen Shakespeare-Zitat eines Monologs einer erwachenden Bühnenfigur kassiert Schmidt im Grunde – bemüht man Genettes Palimpseste-Studie – alle fünf Formen der transtextuellen Bezugnahme eines Textes auf einen anderen: Architextualität (›Gattungsvertrag‹), Intertextualität (›Zitieren‹), Hypertextualität (›Anverwandlung‹, Imitation), Metatextualität (»kritischer Kommentar‹) und Paratextualität (notwendiges ›Beiwerk‹). Dass durch derart ostentativ intentionale Kunstgriffe auch die Autorität des Autors mit eingeschleust werden soll, lässt sich zumindest annehmen. Die Rede von der ZT-Zettelkastenliteratur ist auch eine Behauptung vollständiger Kontrolle; selbst noch die unmöglichste Sentenz, das versteckteste Zitat, die übersehbarste Andeutung und der geheimste Mehrsinn sind zu subsumieren.
Die Optik der ›Zettel‹, die der Mittelspalte angeheftet werden, die Annotationen, die in den Weißraum getippt werden. Das wäre, nebenbei festgestellt, der nächste Test für Genettes Begriffsfamilie der Paratexte. Denn wohl unzweifelhaft hat diese ein Verfasser angefertigt, und zugleich nehmen sie sich als Peritexte aus, Zusätze zur ›Storyline‹ (zur Kette, zum Längsfaden, zum eigentlichen Zettel – Schmidts Schiffchen, die Querschüsse, sind Etyme, Gedankenblitze, die von links nach rechts und wieder zurück durchschießen).
Heute (am 13. Oktober 1981) glaube ich fünf Typen transtextueller Beziehungen unterscheiden zu können[.] […] Der zweite Typus betrifft die im allgemeinen weniger explizite und weniger enge Beziehung, die der eigentliche Text im Rahmen des von einem literarischen Werk gebildeten Ganzen mit dem unterhält, was man wohl seinen Paratext nennen muß: Titel, Untertitel, Zwischentitel; Vorworte, Nachworte, Hinweise an den Leser, Einleitungen usw.; Marginalien, Fußnoten, Anmerkungen; Motti; Illustrationen; Waschzettel, Schleifen, Umschlag und viele andere Arten zusätzlicher, auto- oder allographer Signale, die den Text mit einer (variablen) Umgebung ausstatten und manchmal mit einem offiziellen oder offiziösen Kommentar versehen[.] Das Feld dieser Beziehungen stellt zweifellos einen privilegierten Ort der pragmatischen Dimension des Werkes dar, d.h. seiner Wirkung auf den Leser – und insbesondere den Ort dessen, was man seit Philippe Lejeunes Arbeiten über die Autobiographie den Gattungsvertrag (oder –pakt) nennt.
Genette: Palimpseste, S. 10ff.
Arno Schmidt kündigt in »Zettel’s Traum« mit der wechselseitig engen Anbindung von Titel und Motto und der spezifischen Zurichtung des Mottos den Gattungsvertrag. Und er spielt noch etwas aus. Shakespeares Sommernachtstraum mit seinen drei Handlungsebenen ist durchaus auch eine Komödie. Diese ist aber – Schmidt wird das vielleicht nicht gewusst haben, aber es hätte ihn bestätigt und amüsiert zugleich – nur einen Tastenschlag von der Tragödie entfernt; beide können ohneeinander nicht sein. Dieses Verhältnis war anfangs deutlicher als es nun scheint. Denn: τράγος/Ziegenbock und τρύγος/Weinlese unterscheidet nur ein Buchstabe. Den beiden jeweils eine ωδή/Ode angefügt (Bacchus und Dionysos stimmen den Chor an) – und eine Konjektur später (sehr folgenlos in den 1960er Jahre durch M. L. West) – wird klar, dass nicht bloß Tragödie und Komödie unmittelbar einander verwandt sind (wie seit Hegel-Marx sich sagen lässt, »daß alle großen weltgeschichtlichen Thatsachen und Personen sich so zu sagen zweimal ereignen[:] das eine Mal als große Tragödie, das andre Mal als lumpige Farce«); überdies war Aristoteles sehr wahrscheinlich gewitzter als die gängige Überlieferung von De generatione et corruptione/περὶ γενέσεως καὶ φθορᾶς A1 315b 6f.: »Entsteht doch aus denselben Buchstaben Tragödie wie Komödie.« – so oder so ähnlich heißt es zumeist; in einem Abschnitt, der mit Leukipp/Demokrit zugange ist und den Atomismus durcharbeitet. (Vorsichtig formuliert: nicht die luzidesten Abhandlungen von Aristoteles.) Dass Aristoteles aber möglicherweise von »Tragödie« und ›Trygödie‹ sprach, sich quasi den Jokus eines Tippfehlers avant la lettre gestattet hätte, lässt sich zumindest denken und würde jedenfalls die anzitierte typographische Weisheit um nichts ärmer, dafür die editorische Druckfehlerteufelwelt um einen Witz reicher gemacht haben. Eine Erscheinung wird zu etwas anderem, womöglich zum Gegenteil, wird auch nur ein Atom, nur ein Buchstabe geändert. Lesen ließe sich die Passage somit vielleicht:
Infolge der Wandlungen des Zusammengesetzten erscheint deshalb ein und dasselbe dem einen ganz anders als dem anderen, es gestaltet sich um, wenn ihm nur ein wenig beigemischt wird, und scheint überhaupt ein anderes zu sein, wenn nur eine [Form] ihren Platz verändert hat. Entsteht doch aus denselben Buchstaben tragōdía wie trygodía.
Tragödie und Komödie (quasi hohe und niedrige Handlungen im dramatischen Modus) kennen aber stets noch ein Drittes, Vermittelndes: die Parodie, die Para-Ode, wie sie auch bei Aristoteles vorgekommen sein dürfte, in der Poetik: die Parôdia das Gegenlied (ein Daneben-Singen) respektive die durch kleine wiewohl signifikante Änderungen erfolgende Verstellung der einen Gattungsform zur anderen. So wie die Komödie die Kehrseite der Tragödie ist, ist es für Genette die Rhapsodie [☞ 6] im Verhältnis zur Parodie (und so nebenbei auch das Epos mit den hohen Handlungen im narrativen Modus). So wie nach de Saussure das Denken die Vorder- und der Laut die Rückseite ist, so wenig wie man die Vorderseite eines Blatt Papiers zerschneiden kann, ohne zugleich die Rückseite zu zerschneiden, so wenig kann der Gedanke vom Laut getrennt werden. [☞ 7]
Ein derartiges Verhältnis darf Titel und Motto von Zettels Traum unterstellt werden; zumindest: dass es derart für die Leser:innen funktioniert. Jeder Zettel hat eine Rückseite, so oft man ihn auch wenden mag. Und auch wenn man Schmidt nicht unterstellen muss, sich durch Aristoteles zugeschriebene Poetik-Theorien gearbeitet zu haben, funktioniert gerade im Zusammenhang mit seinen Manipulationen die Wechselseitigkeit, Doppeldeutigkeit, das Palimpsesthafte nebst allem Paratextuellen der Peritexte Titel und Motto bis ins kleinste Detail. Der erste Zettel kennt einen zweiten, einen dritten … und jeder Zettel hat eine Rückseite, wieder und wieder. Verwandlungen und Metamorphosen und Masken – keinem Begriff und keinem Zettel bleibt seine Gestalt. Nicht nur, dass der Peter Squenz dem Niklas Zettel keine Ballade dichten wird (die zudem ohnehin nicht zur Aufführung zugelassen worden wäre), Arno Schmidt wird diesen Hinweis auf die Rhapsodie im zugeschnittenen Zettel-Motiv weglassen (als würde er Theseus gleich den Vortrag unterbinden). Die Ballade oder Rhapsodie sieht ein aristotelisch gestimmter Gérard Genette als Kehrseite der Parodie. Zerlegung und analytische Fügung werden in Zettels Traumdurchaus angesprochen: »›Zerlegbarkeit‹ : nich nur Indiz; sondern auch Gedankn=Leitfadn. : ? – Gut. Also bey jeglicher Seiner Rhapsodien : a) der Titel + das Motto –«. (ZT v. 2010, S. 370)
Der nicht verstehbare, reichhaltige Traum ist auf das Papier gebracht auch einer von den vielen Stimmen (denen die Lesenden linear oder springend, blätternd folgen werden müssen)! Der Ausschnitt aus dem Sommernachtstraum kündet nicht nur von der Unmöglichkeit, ZT zu fassen und zu schreiben, sondern auch von der programmatischen – das Shakespeare-Zitat als Motto – Problematik, diesen zu lesen. Arno Schmidts mehrfach aufgegriffene Geschichte von den vielen zigtausenden Zetteln, den über 120.000 oder gar mehr (was auf der faktischen Ebene so nicht gestimmt haben kann [☞ 8]), ist eine spezifische Leistungserzählung, von der bereits der erste Zettel – Blurb / Motto / Zitat / Exzerpt / Extrakt? – kündet: es geht um die unmögliche, die unverstehbare Arbeit, dabei unabdingbare Summierung all dieser Anstrengungen, Zugriffe und Schnitte, Zusammenfügungen.
Der Wert des Zettels, gerade auch im Verbund eines Zettelkastens, sind seine über die Zurichtung gezielte Unvollständigkeit und flexible Handhabbarkeit. »Der Zettelkasten ist dasjenige, was Bernhard Siegert als Relais bezeichnet. Er ist ein Verwandter desjenigen, was Cornelia Vismann eine Akte bezeichnet.« (Fabian Steinhauer) [☞ 9] Die ›gezielte Unvollständigkeit‹, wir befinden uns in einem administrativen Verfahren, meint im Falle des Motto-Zitats bei Arno Schmidt, dem Ersten Zettel, dass nicht allein die ersten Sätze und Sentenzen des kurzen Monologs des erwachenden (!) Geschichten-Webers Zettel nicht in »Zettels Traum(!)« übernommen werden, sondern auch die letzten, die eigentlich am ehesten einem ›Motto‹ für diese Textarbeit nahezukommen scheinen. Es wird abgesehen von der in Versalien getippten Autoritätsanzeige »WILLIAM SHAKESPEARE«, die dadurch eine eigene Funktion zugewiesen bekommt, auch die eigentliche Quelle wird ebensowenig erwähnt, »Ein Sommernachtstraum« IV. Aufzug 1. Szene, wie der Umstand, dass das Zitat auf einer Übersetzung August Schlegels basiert. Die anfängliche Verwirrung des Erwachenden (der registriert dass er allein ist und aufs Stichwort hinaus seinen Text über die Rampe zu bringen verspricht), ein durchaus mehrdeutiges Vorhaben, »Zettels Traum« als Ballade niederschreiben zu lassen und zum Vortrag zu bringen, dass somit Erwachen, Entzauberung und Projekt den Kontext der von Schmidt gesetzten Sätze bilden – das alles unterbleibt. [☞ 10]
Der Erste Zettel – auf der Seite »– zettel 2 –« positioniert – demonstriert die Kunst des Zuschneidens, des Auslassens und dass es nicht einfache Erklärungen, sondern eine komplexe Textierung, eine allein vom Autor in ihrer Gemachtheit erkennbare Gemengelage sei. Seine Position und Verfasstheit verdient Beachtung: er wird nicht zum Teil der Spaltenordnung, nicht mit Zusätzen bedacht, es gibt im Typoskript keine sichtbaren Eingriffe des Type-Riders: bis auf die Anführungszeichen, die den Text als Zitat ausweisen, was noch durch die in Versalien getippte Angabe WILLIAM SHAKESPEARE als Autoritätsbezug verstärkt wird. Den offensichtlichsten Eingriff kann man nicht sehen, darum geht es auch: die Auslassung des Beginns [☞ 11] (!) und des Rests (!) des Monologs des Webers, die Schmidt kappt; dieser ›Rest‹ sind präzise alle Seiten bis ans Ende. Die Shakespearschen Sätze sozusagen in allen Ehren – was er auszuführen verabsäumte, zeigt nun Schmidt-Pagenstecher, diese Penelope aus der Heide, die fleißig ihr Schiffchen hin und her schießen lassen und weben, die die Flicken und Fäden aka ›Zettel‹ für den Flickenteppich zusammennähen wird.
… tbc … bzw. da war schon etwas, circa Zettel’s Traum und Theseus’ Tempel.
Literaturverzeichnis und ein paar Zitate.
Anmerkungen:
[1] Das Erwachen von Zettel ist ein durchwegs programmatisch gesetztes. »Denkt man hinzu, wie Schmidt […] zu Joyce steht, in welcher Stellung er ›Zettels Traum‹ zu ›Finnegans Wake‹ sieht, nämlich als Tag-Traum, der programmatisch nicht so die Fassungskraft des Lesers überschreitet wie das Nacht-Traum-Buch ›Finnegans Wake‹, so ist es Pagenstecher alias Schmidt, der Joyce mit ›Zettels Traum‹ den Star zu stechen versucht.« (Arno Schmidt: »Zettels Traum«, Seite 1 (ZT 4). Ein Kommentar. In: Bargfelder Bote Lieferung 9 (1.10.1974), S. 3–16, hier S. 9)
[2] Es war – und das paßt recht gut zu Arno Schmidt – Christoph Martin Wieland, der Zettel in die literarische Welt einführte, und es war Anfang September 1762, als der erste Band seiner Shakespeare-Übersetzung mit „Ein St. Johannis Nachts-Traum“ zum Verkauf gelangte.« (Radspieler: Wer taufte Zettel?, hier S. 25)
[3] Siehe dazu auch Jürgensen: »Der Rahmen arbeitet«.
[4] Genette: Paratexte
[5] Cf. Schmidt: »ergab sich für die Hälfte von ZT die Stimmung dessen, was der Engländer um 1600 eine ›māsque‹ nannte: fantastische Bühnenstücke, voller Allegorien & Metamorphosen und vielem spektakulären Maschinenwerk.« (Schmidt: Notizen für »Vorläufiges zu Zettels Traum«, hier S. 320) / »ergab sich für die Hälfte von ZETTELS TRAUM die Stimmung dessen, was die Engländer um 1600 eine masque nannten: phantastische Bühnenstücke, voller Allegorien, und Metamorphosen und vielen vielen spektakulären Maschinenwerken.« (Schmidt: Vorläufiges zu Zettels Traum, S. 40) / »Ein letztes aber wichtiges Bildungsprinzip noch … rote Fäden … zB Midsummernights Dream, immer wieder in Anspielungen & Zitaten. Sämtliche Werke OFFENBACH’s: eines Mannes, der beträchtlich zu jenen ›masques‹ hintendierte. ›Merlin & Niniana‹ – aber das soll dem klugen Leser selber Spaß machen, das alles zu verfolgen.« (Arno Schmidt: Notizen für »Vorläufiges zu Zettels Traum«, S. 321) / »Ein letztes, aber wichtiges BildungsPrinzip sind noch: rote Fäden die sich von der ersten Zeile bis zur letzten durch das ganze Buch hindurchziehn. Eines ist wie billig, der MIDSUMMER NIGHT’S DREAM, immer wieder in Anspielungen – und Zitaten auftauchend. Ein anderes: sämtliche Werke OFFENBACHS etwa, eines Mannes der beträchtlich zu jenen masques hintendierte. Ein anderes: MERLIN & NINIANA. Aber das soll dem klugen Leser selber Spaß machen das alles – zu verfolgen.« (Arno Schmidt: Vorläufiges zu Zettels Traum, S. 44)
[6] ›Zerlegbarkeit‹ : nich nur Indiz; sondern auch Gedankn=Leitfadn. : ? – Gut. Also bey jeglicher Seiner Rhapsodien : a) der Titel + das Motto –«. / (Halthalthallt : manchmal iss’S 1=Einheit; zuweilen mußDu ein geistvolles tertium dazwischn=schaltn. Aber sprich erstma weiter : daß Ich Dich sehe?) / (ZT v. 2010, S. 370)
[7] Cf. z.B. Genette: Palimpseste, S. 21–28.
[8] Fischer u. Rauschenbach: »Wie damit umzugehen ist … wissen Sie ja schon«, S. 123–132.
[9] Siehe dazu wesentlich: Fabian Steinhauer: Wozu verzetteln
[10] Damit ist einerseits bereits deutlich, dass es Schmidts Gestaltungswillen die Eingriffe vorbehalten wird. Dieser und die Zurichtung des Ersten Zettels sind gebunden an die Ansage, dass es für jede:n andere:n als ihn, Zettel, menschenunmöglich sei, diesen Traum zu verstehen. ›Noli me tangere!‹, gebietet »Zettels Traum«, man hat all das so zu nehmen, wie Arno Schmidt es ausbreitet, der Shakespeare nur verwendet, wenn er ihn zurechtschneidet – dann wendet man den Ersten Zettel, blättert um …
[11] Es erwacht ein Zettel, der ohne Eselskopf wieder aus seinen »eignen, dummen Augen« gafft (wie der Droll sagt), der seiner von ihm verzauberten Titania verlustig ging, einen angeblich sehr traumreichen Schlaf hatte, der sich allein und verlassen findet, wie ein Theater-Pfadfindet allzeit bereit ist, auf sein Stichwort hin Antworten zu geben, der die Handwerker aufruft. Hier der Cut und der Beginn der Zitation bei Schmidt, als Zettel feststellt, dass er allein ist. Er gerät in den Monolog, der die Unmöglichkeit der Wiedergabe und Interpretation des Traums behauptet – um dann das Vorhaben zu fassen, dass Squenz ihm davon eine Ballade schreiben soll; das Schreiben und dass dies mit dem spezifischen Wortspiel verbunden wird, ist der Schlüssel, wie das klappen soll. Bevor der aber bei Shakespeare kommt, bricht Schmidt das Monolog-Zitat ab. Was übrig bleibt, ist ein Traum, den zu erzählen und zu verstehen menschenunmöglich sei.