Schreibmaschinerie der Buchgelehrten

Der Freiherr von Stein [Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein] erging sich am 24. August 1821 brieflich dahingehend,

daß wir fernerhin von besoldeten Buchgelehrten, interessenlosen ohne Eigenthum seyenden Buͤralisten regiert werden; – das geht so lange es geht. – Diese 4 Worte enthalten den Geist unserer und ähnlicher geistlosen Regierungsmaschinen. Besoldet, also Streben, nach erhalten und vermehren der Besoldeten; – buchgelehrt, also lebend in der Buchstabenwelt, und nicht in der wirklichen; – interessenlos, denn sie stehen mit keiner der den Staat ausmachenden Bürgerklasse in Verbindung; sie sind eine Kaste für sich, die Schreiberkaste; – eigenthumslos, also alle Bewegungen des Eigenthums treffen sie nicht; es regne oder scheine die Sonne, die Abgaben steigen oder fallen, man zerstöre alte hergebrachte Rechte, oder lasse sie bestehen, man theoretisiere alle Bauern zu Taglöhnern, und substituire an die Stelle der Hörigkeit an die Gutsherrn die Hörigkeit an die Juden und an die Wucherer, alles das kümmert sie nicht. Sie erheben ihren Gehalt aus der Staatskasse und schreiben, schreiben, schreiben im stillen mit wohlverschlossenen Thüren versehenen Bureau, unbekannt, unbemerkt, ungerühmt und ziehen ihre Kinder wieder zu gleich brauchbaren Schreibmaschinen an.
Eine Maschinerie (die militärische) sah ich fallen 1806 den 14ten Oktober, vielleicht wird auch die Schreibmaschinerie ihren 14ten Oktober haben.

Stein: Brief v. 24. August 1821. In: Briefe des Freiherrn von Stein an Freiherrn von Gagern von 1813–1831. Stuttgart: Cotta 1833, S. 90 ff.