Verzückung

Im Grunde kommt das Folgende alles von einer Frage nach Verwaltungstechniken, konkret der Falte her; zwangsläufig hat man dann mit Berninis Verzückung der Teresa zu tun, der Wolkenformation auf der sie liegt, als ihr Gewand sich in unendliche Falten wirft, während sie abhebt. Lacan und Kristeva hat das interessiert, Deleuze (natürlich diese Franzosen) und davor Benjamin (die Allegorien des Trauerspielbuchs) und Leibniz (An/Aus, Gott/Nichts) haben den/das Barock entlang seiner Ein- und Ausfaltungen gesehen, in dem Bilder auf unendlich in den Abgrund gestoßen werden. Ewig Bild im Bild, Falte in Falte erblickend – Mise en abyme et cetera. Und dann auch die Lust dazu: T(h)eresa will 1562 mehrfach verzückt worden sein, Bernini wird 1652 die Gruppe in der Cornaro-Kapelle der Kirche Santa Maria della Vittoria zu Rom (do. auch Reliquien der Hl. Victoria, sodass dieser, Theresa und sowieso Maria in einem gehuldigt werden kann) vollendet haben; dass dieser gegenüber, zwangsläufig korrespondierend, Berninis Konkurrent Guidi die Capella San Giuseppe (unter diesem Altar besagte V.-Reliquien) mit dem Traum des Hl. Josef ausstattete, muss angeführt werden. Zu dieser Teresa-Gruppe zählen nun – der ganze Tabernakel will erfasst sein – nicht allein Teresa und der sie mit dem Lustschmerzpfeil penetrierende Cherubim, sondern wesentlich auch links und rechts in Logen Mitglieder der Cornaro-Familie, all dem interessiert beiwohnend, marmorne Voyeure. Wenn dann alle hinsehen, wird auch klar: die den Freuden der Transverberation sich hingebende Teresa, die mit den 17 Klostergründungen in rund zehn Jahren, hatte die spanische Inquisition – diesen Inbegriff verwaltungstechnisch sauber geordneten Mordes und Folterns – überlebt, war eine die davon gekommen war (der Großvater aus Toledo jüdisch, war noch vor 1492 zum Katholizismus konvertiert). Das schafften nicht alle ekstatisch-religiösen Frauen der Zeit.


1915, S. 234f.

Quiso el Señor que viese aquí algunas veces esta visión: vía un ángel cabe mí hacia el lado izquierdo en forma corporal, lo que no suelo ver sino por maravilla. Aunque muchas veces se me representan ángeles, es sin verlos, sino como la visión pasada que dije primero. Esta visión quiso el Señor le viese ansí: no era grande, sino pequeño, hermoso mucho, el rostro tan ecendido que parecía de los ángeles muy subidos, que parecen todos se abrasan. Deben ser los que llaman Querubines, que los nombres no me los dicen; mas bien veo que en el cielo hay tanta diferencia de unos ángeles a otros, y de otros a otros, que no lo sabría decir. Víale en las manos un dardo de oro largo, y al fin de el hierro me parecía tener un poco de fuego. Este me parecía meter por el corazón algunas veces, y que me llegaba a las entrañas. Al sacarle, me parecía las llevaba consigo y me dejaba toda abrasada en amor grande de Dios. Era tan grande el dolor, que me hacía dar aquellos quejidos; y tan ecesiva la suavidad que me pone este grandísimo dolor, que no hay desear que se quite, ni se contenta el alma con menos que Dios. No es dolor corporal sino espiritual, aunque no deja de participar el cuerpo algo, y aun harto. Es un requiebro tan suave que pasa entre el alma y Dios, que suplico yo a su bondad lo dé a gustar a quien pensare que miento.
Los días que duraba esto, andaba como embobada; no quisiera ver, ni hablar, sino abrazarme con mi pena, que para mí era mayor gloria que cuantas hay en todo lo criado. Esto tenía algunas veces, cuando quiso el Señor me viniesen estos arrobamientos tan grandes, que aun estando entre gentes, no los podía resistir, sino que, con harta pena mía, se comenzaron a publicar. Después que los tengo, no siento esta pena tanto, sino la que dije en otra parte antes, no me acuerdo en qué capítulo, que es muy diferente en hartas cosas y de mayor precio; antes en comenzando esta pena, de que ahora hablo, parece arrebata el Señor el alma y la pone en éxtasi, y ansí no hay lugar de tener pena, ni de padecer, porque viene luego el gozar. Sea bendito por siempre, que tantas mercedes hace a quien tan mal responde a tan grandes beneficios.

2001, S. 426ff.

Es gefiel dem Herrn, daß ich dabei einige Male folgende Vision sah: Ich sah einen Engel neben mir, an meiner linken
 Seite, und zwar in leiblicher Gestalt, was ich sonst kaum einmal sehe. Auch wenn Engel mir öfter dargestellt werden, geschieht das doch, ohne daß ich sie sehe, sondern wie bei der vorigen Vision, von der ich zuerst gesprochen habe. In dieser Vision nun wollte der Herr, daß ich ihn wie folgt sah: Er war nicht groß, eher klein, sehr schön, mit einem so leuchtenden Antlitz, daß er allem Anschein nach zu den ganz erhabenen Engeln gehörte, die so aussehen, als stünden sie ganz in Flammen. Es müssen wohl die sein, die man Cherubim nennt; ihre Namen sagen sie mir nämlich nicht; ich sehe aber sehr wohl, daß es im Himmel zwischen den einen und den anderen Engeln, und diesen und wieder anderen einen so großen Unterschied gibt, daß ich es nicht sagen könnte. Ich sah in seinen Händen einen langen goldenen Pfeil, und an der Spitze dieses Eisens schien ein wenig Feuer zu züngeln. Mir war, als stieße er es mir einige Male ins Herz, und als würde es mir bis in die Eingeweide vordringen. Als er es herauszog, war mir, als würde er sie mit herausreißen und mich ganz und gar brennend vor starker Gottesliebe zurücklassen. Der Schmerz war so stark, daß er mich diese Klagen ausstoßen ließ, aber zugleich ist die Zärtlichkeit, die dieser ungemein große Schmerz bei mir auslöst, so überwältigend, daß noch nicht einmal der Wunsch hochkommt, er möge vergehen, noch daß sich die Seele mit weniger als Gott begnügt. Es ist dies kein leiblicher, sondern ein geistiger Schmerz, auch wenn der Leib durchaus Anteil daran hat, und sogar ziemlich viel. Es ist eine so zärtliche Liebkosung, die sich hier zwischen der Seele und Gott ereignet, daß ich ihn in seiner Güte bitte, es den verkosten zu lassen, der denkt, ich würde lügen.
An den Tagen, an denen dies andauerte, war ich wie benommen. Am liebsten hätte ich nichts sehen und reden, sondern mich nur meinem Schmerz hingeben wollen, der für mich größere Herrlichkeit bedeutete als alle zusammen, die es in der geschaffenen Welt gibt. Das erlebte ich einige Male, sobald der Herr wollte, daß mich diese Verzückungen überkamen; sie waren so gewaltig, daß ich mich gegen sie nicht wehren konnte, nicht einmal wenn ich unter Leuten weilte, so daß sie zu meinem großen Leidwesen allmählich bekannt wurden. Seit ich sie erfahre, verspüre ich diesen Schmerz nicht mehr so stark, wohl aber den, von dem ich früher an anderer Stelle – ich erinnere mich nicht mehr, in welchem Kapitel – gesprochen habe, und der in mehrfacher Hinsicht ganz anders und wertvoller ist. Im Gegenteil, sobald dieser Schmerz, von dem ich jetzt spreche, einsetzt, sieht es aus, als würde der Herr die Seele entrücken und in Ekstase versetzen, und so ist es nicht mehr möglich, Schmerz zu empfinden oder zu leiden, weil dann gleich das Genießen einsetzt. Er sei für immer gepriesen, daß er einer so viele Gnaden erweist, die so großen Wohltaten so schlecht entspricht!



Auch aktiv kann die Exaltation der religiösen Schwärmerei zur Freude an der Opferung anderer führen, wenn das Mitleid mit fremdem Schmerz von religiösen Lustgefühlen überkompensiert wird.
Dass es auf dem Gebiete des Geschlechtslebens zu ähnlichen Erscheinungen kommen kann, zeigt der Sadismus und ganz besonders der Masochismus […].
So lässt sich die oft konstatierte Verwandtschaft von Religion, Wollust und Grausamkeit [☞ 1] etwa auf die folgende Formel bringen: Religiöser und sexueller Affektzustand zeigen auf der Höhe ihrer Entwicklung Übereinstimmung in Quantum und Quale der Erregung und können deshalb unter geeigneten Verhältnissen vikariieren. Beide können unter pathologischen Verhältnissen in Grausamkeit umschlagen. […]
☞ 1 Dieses Trivium findet seinen Ausdruck nicht nur in den oben geschilderten Erscheinungen des wirklichen Lebens, sondern auch in der frömmelnden Literatur und selbst in der bildenden Kunst sinkender Zeiten. Berüchtigt in dieser Beziehung ist z.B. die Gruppe der hl. Theresa von Bernini, die in »hysterischer Ohnmacht auf eine Marmorwolke sinkt, während ein vermählter Engel ihr den Pfeil (der göttlichen Liebe) ins Herz schleudert« (Lübke).

Richard Krafft-Ebing: Psychopathia sexualis. München: Matthes und Seitz 1997 (Reprint der »medizinisch-gerichtlichen Studie für Ärzte und Juristen, hg. v. Alfred Fuchs, 14. Aufl. 1912), S. 10.

Zugleich umgibt [diese Kunst; Anm.] alles mit einer Atmosphäre des Schwülen und Schwellenden, der latenten Erotik. Man bekleidet die Gestalten, aber die Gewandung wirkt im Verschweigen viel lüsterner als die frühere Nacktheit. Der Mensch, in der Renaissance bloß anatomisch schön, erhält nun eine sexuelle Schönheit; unter der dezenten Drapierung atmet viel wärmeres Fleisch. Bisweilen gibt man den Hüllen eine Anordnung, daß sie jeden Augenblick zu fallen drohen; oder man drängt die ganze Sinnlichkeit ins Gesicht. Grausamkeit und Wollust fließen ineinander. Man schwelgt in Blutszenen, Martern und Wunden, man verherrlicht die Süße des Schmerzes. Schließlich vereinigen sich Erotik, Algolagnie und Sehnsucht nach dem Übernatürlichen zu jener bizarren Mischung, deren überwältigendster Ausdruck Berninis Heilige Theresa ist, ein Werk, das zugleich ewig denkwürdig bleiben wird durch die sublime Kunst der raffiniertesten Illusionswirkungen, wie sie sonst nur die Bühne erreicht. Es ist ganz ohne Zweifel eine tief religiöse Konzeption; und doch spürt man überall, in der Gesamtkomposition wie im Arrangement jeder Einzelheit, geheime Schminke und Rampe. Aber warum sollten Theater und Religion völlig unvereinbare Gegensätze sein? Ist denn nicht das Theater für alle, die ihm ernst und leidenschaftlich dienen, eine Art Religion und ist die Religion in ihrem sinnfälligen Kultus nicht eine Art Theatrum Dei, eine Schaustellung der Größe Gottes?

Egon Friedell: Kulturgeschichte der Neuzeit Bd. 1: Die Krise der europäischen Seele von der schwarzen Pest bis zum Ersten Weltkrieg. 9. Aufl.: München: dtv 1991, S. 468.