Maschine 1963

Wenn wir uns grundsätzlich vom Begriff des determinierten Systems trennen, so wird damit zugleich deutlich, daß die funktionale Systemtheorie keineswegs den maschinenartigen oder apparatehaften Aspekt der Bürokratie betont. Die Ablehnung des Maschinenmodells ist zwar heute ein geläufiger Programmpunkt der Organisationswissenschaft. Sie wird aber gewöhnlich entweder aus sozialphilosophischen oder humanitären Gründen vorgebracht, oder weil sich bei sorgfältiger empirischer Beobachtung herausstellt, daß Organisationen tatsächlich nicht so gut wie Maschinen funktionieren. Demgegenüber vollzieht die funktionale Systemtheorie die Abkehr vom Maschinenmodell innerhalb der Rationaltheorie der Verwaltung. Der Prototyp Maschine ist aus ihrer Sicht gesehen als System nicht rational, weil er den Problemen umweltoffener Handlungssysteme nicht annähernd gerecht wird. Verwaltungen müssen nach Maßgabe völlig anderer Vorstellungen geleitet und rationalisiert werden.

Niklas Luhmann: Die Grenzen der Verwaltung [1963/64]. Hg. v. Johannes F. K. Schmidt u. Christoph Gesigora. Mit einem Nachwort v. André Kieserling u. Johannes F. K. Schmidt. Berlin: Suhrkamp 2021, S. 52