Der in der Folge verlinkte Beitrag für die Emergenzen-Reihe der Plattform »Kakanien Revisited« (Amália Kerekes von der ELTE Budapest und ich dachten uns etwas dabei [.pdf]) versucht verschiedene Aspekte zusammenzuspannen: Zum einen soll darauf verwiesen werden, wie sehr sich Muster und medial bedingte Formen der Wahrnehmung, ob nun bei der Beschreibung von Grabsteinen, Cartoons oder dem vom Fernsehen beeinflussten Narrativ an sich, in Fragen der Kunst, Abbildung von „Realität“, der Rezeption von Texten und anderen Kulturphänomenen etc. verändern. Die Frage der Substanz, für die Sichtbarkeit gedruckt bei Gutenberg und in die Unsichtbarkeit elektrifiziert bei Turing, steht immer wieder im Mittelpunkt.
Zum anderen wird anhand des Übergangs vom aus Holz gefertigten Zettelkasten und dem nach Jahrzehnten und Jahrhunderten schließlich halbwegs vereinheitlichten Sortierungssystem hin zu unterschiedlich formatierten Festplatten mit ebenso uneinheitlichen Programmen jene Mischung aus Data Retention und Rauschen angedeutet, die mit als zentrales Probleme aktueller Medienverbünde angesetzt werden muss.
In weiterer Folge wird anhand von Friedrich Kittlers Text Die Nacht der Substanz jene These angesprochen, wonach die Substanz im 19. Jahrhundert mit analogen Aufschreibe- wie Aufzeichnungssystemen wohl noch sichtbar ist, sie im 20. jedoch zunehmend in ihrer Unmittelbarkeit schwindet und im 21. nicht mehr greifbar erscheint (fast so, als hätte sie ihre Materialität verloren). Literatur erweist sich in diesen Zusammenhängen als durchaus hartnäckig, als widerständig. Und nicht jede Technik braucht gleich als Medium deklariert und mit dem passenden Strichcode versehen zu werden, sondern möglicherweise nur jene, deren Funktionen die Kulturtechniken Speichern, Übertragen und Verarbeiten von Informationen umfassen, d.h. anregen und ermöglichen. Paradigmatisch wird in diesem Kontext auf die Enigma des Zweiten Weltkriegs verwiesen, die tatsächlich für die „Nacht der Zeichen“ stehen sollte. Doch bleibt stets ein widerständiges Drittes. Eines, das die Verrechnung und den Warenstrom, das funktionierende Rauschen, stört.
Möglicherweise hilft die Verabschiedung eines rein technikfixierten Zugangs zur Medientheorie zumindest partiell: Gerade beim Katalogsystem und seiner wechselvollen Geschichte obsiegen letztlich nicht ausschließlich technisch-mediale Vorleistungen, entsprechende Eigendynamiken und materielle Bedingungen. Vielmehr treffen derart zu bestimmende Grundlagen auf höchst wirkungsmächtige Anforderungen der Zeit, denen sie unterworfen werden.
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